Presse zur Ausstellung VIVA LA VIDA
Hundred Years Gallery, London
Biggi und Mirko am 20. Oktober 2023 vor der Hundred Years Gallery in Hackney, London
Landesbibliothek Glarus April/Mai 2023
Presse zur Ausstellung "Märchenprinz" im Anna Göldi Museum im Mai 2018
Bild: Sasi Subramaniam
Ennenda - Mittwoch, 9. Mai 2018 05:25
Kultur
Der etwas andere Märchenprinz im Anna – Göldi Museum
Von: Peter Meier
Was ein Märchenprinz im Ennendaner Anna – Göldi - Museum zu suchen und vielleicht zu finden hat ? Die beiden Kunstschaffenden Biggi Slongo und Bettina Schröder geben mit ihrer Ausstellung Impulse, die nachdenklich stimmen, aufzeigen, dass im Bereich des Frauenrechts und der Gleichstellung auch in der heutigen, nach aussen so aufgeklärten und gerechten Zeit immer noch schmerzliche, irgendwie unverständliche Lücken bestehen. Die inhaltlich starken, eigenwillig geschaffenen Objekte bleiben bis zum 27. Mai ausgestellt.
Biggi Slongo (links) und Bettina Schröder beim überdimensionierten, leicht angefaulten Apfel (Bild: p.meier)
Einst buhlte der Märchenprinz um eine unnachahmlich schöne Partnerin. Man schwebte auf Wolken, fern aller Realitäten und erkannte mit der Landung in der Wirklichkeit mit
Partnerschaft, Heranwachsenden, Arbeit, Rollenzuteilung in der Erledigung verschiedenster Arbeiten, Berufsleben und gesetzlich Vorgegebenem, dass halt alles ganz anders als erhofft
Ist. Es kommen Spannungen, Schuldzuweisungen, Heftiges, Verletzendes mit immensem Unverständnis gegenüber dem andersdenkenden und handelnden Partner auf. Es kommt zur Trennung. Es wachsen
Zorn und Auflehnung wegen gesetzlichen Vorgaben.
Das weite, mit Spannungen verhaftete und Teile unserer Gesellschaft belastende Spannungsfeld wird mit dem eigenwilligen und mutigen Gestalten von Biggi Slongo und Bettina Schröder ausgedeutet.
Vieles wird thematisiert, was einer Lösung bedarf, anderes ist Wirklichkeit. Der unübersehbar grosse, rote Apfel, leicht angefault am Eingang im EG prangend, stimmt ein. Hilfreich ist das Studium
der in einem Katalog festgehaltenen Gedanken und Deutungen. Zu diesem Apfel gehört ein Zitat, das zahlreiche Inhalte der geschaffenen Objekte einschliesst: «Nicht die Sünde wurde geboren, als Eva
den Apfel pflückte. Geboren wurde an diesem Tag vielmehr eine grossartige Tugend, Ungehorsam genannt.»
Fridolin Elmer als belesener Gastgeber gab seiner verständlichen Freude Ausdruck, dass so viele Gäste, unter ihnen Walter Hauser, Präsident des Stiftungsrates, einige aus Deutschland und den
Niederlanden angereist, an dieser doch besonderen Vernissage teilnahmen. Er versuchte, zwischen Anna Göldi und Biggi Bruhin gewisse Parallelen zu ziehen – ein gewagtes Unterfangen ! Anna Göldi
wehrte sich gegen Ungerechtigkeit und Ausgrenzung, bezahlte das nach einem Aufsehen, nicht nur aus heutiger Sicht absolut skandalösen Hexenprozess mit dem Tode. Sie war – wie Biggi Bruhin –
eine Fremde, die sesshaft werden wollte. Sie sah sich ebenfalls mit Ungerechtigkeiten bezüglich Frauenrecht, Arbeit und Lohn, Familienrecht, gültigen gesetzlichen Regeln, die den Mann eindeutig
bevorzugten, konfrontiert, wehrte sich dagegen. Sie musste zur Kenntnis nehmen, dass der Kampf um Besserstellung und Gleichstellung mühsam und aufreibend ist. Sie fand – anders als Anna Göldi –
bessere Resonanz, stiess auf Verständnis, erreichte mit anderen dauerhafte Verbesserungen.
Andrea Trummer hielt eine stark beachtete Laudatio. Auch sie weiss, dass Frauen ihre Rechte erkämpfen mussten, auf die Barrikaden stiegen, sich lautstark bemerkbar machten – und erfolgreich
waren, angehört wurden. Sie kam zu geschichtlichen Fakten wie Frauenstimmrecht, neues Kindsrecht im Jahre 1978 und zehn Jahre später das neue Eherecht. Und später, das war 2004, Gewalttaten in
der Ehe als Delikte im Gesetz aufgenommen. Vorher hatte der Mann Rechte, die aus heutiger Sicht unverständlich sind, das war für Frauen einschränkend, absolut diskriminierend. Sie befasste sich
mit der Gleichstellung in Beruflichem samt Entlöhnung, dem schwierigen Spagat zwischen Beruf, Familie und Politik. Andrea Trummer bedauert, dass politische Themen zu oft nur dann interessieren,
wenn damit persönlicher Profit verbunden ist. Sie sprach sich für eine Frauenquote in Parlamenten und beruflichen Verantwortlichkeiten ganz deutlich aus. Frauen, so meint sie, seien zuweilen
politisch müde geworden. Sie zeigte sich erfreut, dass mit den Inhalten dieser Ausstellung ein gutes, sich hoffentlich deutlich nachhaltig auswirkendes Sensibilisieren erfolgt ist. Sie kam kurz
auf einige Ausgestaltungen zu reden. Da ist der weitherum sichtbare Blutstropfen, es sind die fast militärisch geordneten Teppichklopfer, die mit Metallkettchen festgehaltenen Puppen in den
kleinen Vogelnestchen, die sich geniesserisch räkelnde, und doch klagenden, Hilfe suchende Puppenschar, reale Fotos aus Biggi Slongos Jugendjahren, der in mühsamer Handarbeit entstandene,
beinahe fünf Meter lange Teppich mit dem silbernen, sich verbreiternden Band auf der Seite, das markiert unter anderem die Ausweitung der Frauenquoten, von echter, anerkannter und
praktizierter Gleichstellung immer noch weit entfernt. Mittels Videoinstallation mit dem Titel «Weniger als die Hälfte» wurde gezeigt, wie Bettina Schröder bei dieser riesenhaften, mehrere Monate
andauernden «Lismete» vorging, was sie zuweilen andachte und deutete. Vieles ist durchaus partnerschaftlich, einvernehmlich gewachsen – und das beeindruckt nachhaltig. Der blaue See aus
gestrickten Plastik-Tragtaschen symbolisiert die Tränen, die Frauen geweint haben, als ihnen Unrecht ang4etan wurde, als sie rechtlich nicht geschützt waren.
Die Eheleute Bettina Schröder und James Smith boten Musikalisches an. Die Titel der Stücke wurden kurz erläutert. Es waren willkommene Unterbrechungen zu vielen Aussagen.
Mit drei witzigen Gedichten samt klugen Pointen wies Bettina Schröder, von ihrem Ehemann mit der Gitarre begleitet, auf Vergangenes und Neuzeitliches hin, verknüpfte Fakten, Hoffnungen und
Erwartungen.
Dass der Ausstellungsraum auf allgemeine Bewunderung stiess, ist nicht weiter verwunderlich. Das oberste Geschoss dieses Hänggiturms ist eine gar meisterhafte, handwerklich ungemein kühne
und baulich bestechend schöne Konstruktion – für weitere Ausstellungen, Tagungen und anderes sehr geeignet.
Beim offerierten Apero ergaben sich oft lange, themenbezogene Gespräche, auch zu den präsentierten Objekten, die so farbig, mutig, keck, aussagestark sind und zu einem Besuch bis spätestens 27.
Mai (immer von Mittwoch bis Sonntag ab 13.30 bis 18.00 Uhr) geradezu einladen.
Presse Ausstellung in der Landesbibliothek Glarus vom 8. März 2016
GL24 Bericht von Peter Meier, Glarus - Freitag, 11. März 2016 05:30
«Frauentrümmer – die Rolle der Frau in der Kriegs- und Nachkriegszeit»
By: Peter Meier
Mit einer schwierigen, nie vollumfänglich erfassbaren Thematik setzt sich die Künstlerin Biggi Slongo Gastrich intensiv auseinander. Es geht um die Bedeutung der Frau in den Kriegs- und Nachkriegsjahren.
Ihre Impressionen entstanden nach der ausführlichen Lektüre von Dokumenten aus jener so bedrohlichen, vieles vernichtenden Zeit, nach
vielen Gesprächen, dem Sammeln und Aufarbeiten jener spärlichen Unterlagen und Erkenntnisse, die sich heute – leider –wiederholen, an Intensität, Ungerechtigkeiten und Brutalität überhaupt nichts
eingebüsst haben. Biggi Slongo, 1946 in Gelsenkirchen geboren, übersiedelte als Zwanzigjährige in die Schweiz. Die Kunstschaffende ist Mitglied des Frauenmuseums Bonn und der Schweizerischen
Gesellschaft Bildender Künstlerinnen.
Nicht nur mit dieser Ausstellungung – sie wurde auch in der Dresdener Kreuzkirche gezeigt –möchte Biggi Slongo Erlebnisse und Botschaften weitergeben. Im ausführlichen Katalog sind eine Vielzahl
willkommen couragierter und persönlicher Begegnungen und Aussagen enthalten. Sie helfen dem Betrachtenden weiter, lassen ihn innehalten. Es kommen Fragen nach dem Wie und Warum auf; nicht nur
wegen der zuweilen schroffen, überspitzten Gegenüberstellung von Empfindungen. Von Mut und überzeugender Dezidiertheit darf gewiss geschrieben werden. Biggi Slongo spannt einen weiten, nicht nur
geschichtsbezogen grossen Bogen. Das Schaffen basiert auf Erfahrung, Betroffenheit, Ehrlichkeit, Ermahnendem. Es sind Werke gewachsen, die länger betrachtet sein wollen.
Von zentraler, ausstellungsgebundener Wichtigkeit ist, dass die damaligen Trümmerfrauen mit riesigem Einsatz tätig waren, mit einem Einsatz, dem heute noch hohe Wertschätzug und Beachtung
zukommen muss. Frauen schlüpften nicht bloss in jenen Jahren in Männerrollen. Biggi Slongos Deuten fusst auf der Lektüre des Buches «Anonyma – Eine Frau in Berlin» von Marta Hillers, hat aber
auch mit Fragen zu tun, die sie einst ihrer Mutter stellte, aber erst ganz, ganz spät berührende Antworten erhielt.
Starke Farben, zuweilen Schrilles, stehen neben Kriegsfotos, sind auf den ersten Blick verwirrend, gegensätzlich. Eine düster ausgeleuchtete Strasse ist mächtigen Kriegsführern in Dresden
gewidmet, die leuchtenden Sterne am Firmament gehören den vielen Frauen. Das leicht beschädigte Schaukelpferdchen und ein Kinderwagen mit Steinen haben mit Kindheit und dem starken Glauben der
damaligen Trümmerfrauen zu tun. Biggi Slongo wendet sich ganz klar und mutig gegen das Schönreden, Verharmlosen. Aussagen dazu sind das blutige Waschbrett mit den Zinnsoldaten, der herrliche
Balanceakt der anonymen Personen auf dem Hochseil, die divenhafte Micheline mit der fast dekadenten Menge von feinsten Schuhen neben den ausgelatschten Arbeitsschuhen aus der Kriegszeit;
aussagestarke, grossformatige Fotos, blutrotes an der Decke baumelndes Ballkleid, des «Bsetzisteinen» drapierte Badeoberteil und in die Neuzeit führend: Die schroffe, ablehnende Haltung gegen das
Frauenstimmrecht in unserem Land – dies notabene im Jahre 1971 – sind Teile der Ausstellung, die bis zum 21 März zu den Öffnungszeiten der Landesbibliothek Glarus angeboten ist.
Die Vernissage
Kurze Reden, Musik, viele interessierte Besucherinnen und Besucher, grosszügige Gastfreundschaft und Rosen für die Damen prägten die Vernissage in der Landesbibliothek.
Biggi Slongo begrüsste, zeigte sich überwältigt, führte in ihr spannendes Schaffen ein. Kunst müsse nicht zwingend schön sein, Exponate laden zum Verweilen, Hinterfragen ein. Mit dem informativen
Katalog zur Ausstellung ist ein vertiefendes Begegnen möglich. Biggi Slongo hiess die drei Bläser willkommen. Deren Interpretieren erntete viel Applaus.
Regierungsrätin Marianne Lienhard zeigte sich beeindruckt, dass die Künstlerin mit dieser Ausstellung eine Vielzahl ihrer Erlebnisse und Erfahrungen einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich
macht. Mit Kriegen sind nie Erfahrungen verbunden, die frei von Schrecken und Traumata sind. Frauen hatten sich diesen Auseinandersetzungen ebenso zu stellen, wie Kinder und Familien. Gewalt,
Zerstörung, Trümmer, Wegräumen und Wiederaufbau, Hilfe und Solidarität sind Fakten, die als Folgen der Weltkriege und in unserer heutigen Zeit Gültigkeit haben. Was Frauen an Demütigendem zu
bewältigen hatten – auch haben – ist unerfreuliche, nie willkommene Realität. Marianne Lienhard zeigte auf, wie verschieden Kriegsfolgen in Deutschland und der Schweiz einst waren, was der von
Biggi Slongo thematisierte Begriff «Trümmerfrau – Frauentrümmer» bedeuten kann.
Gastrednerin war Elke Marita Stuckel-Lotz. Sich selber vorstellend kam sie auf politische Erfahrungen und Mitarbeit und ihre persönliche Verbindung zur Kultur zu reden. Mit Biggi Slongo verbindet
sie nicht nur die gemeinsame Herkunft und das Aufwachsen im Ruhrgebiet.
Die Rede kam auf die Bedeutung des Internationalen Frauentages, die Bedeutung und den Kampf der Frauen bezüglich Gleichstellung. Frauen leisten bewunderungswürdig Gesamtheitliches in unserer
Gesellschaft, sie engagieren sich ebenso stark und nachhaltig wie Männer, müssen aber zuweilen immer noch nachhelfen, wenn es um Anerkennung und Honorieren von erbrachten Leistungen geht.
Stuckel-Lotz erwähnte Fakten aus der Kriegszeit, den Aufbau von Hilfsdiensten, das Engagement für den Erhalt der Familie, die Einsätze in Landwirtschaftlichem und anderes. Die Ausstellung ist
nicht zuletzt eine Hommage Biggi Slongos Mutter und damit an die Frauen im Ruhrgebiet. Damals wie heute ist das Engagement der Frau so wertvoll, willkommen, gefragt, für das Bewahren der Werte
und den Einbezug von Neuerungen unabdingbar. Die Rednerin schuf Bezüge zu Teilen der Ausstellung. Sie kam auf die heutige Globalisierung der Kriege zu reden.
Nach Biggi Slongos Dank galt die Aufmerksamkeit dem nett arrangierten Apéro mit Leckerem ab den Ennetbergen. Verweilen und angeregte Gespräche ergaben sich auf willkommene Art.
Bericht über die Aussellung in der Landesbibliothek Glarus der SO
Frauen in Krieg und Frieden
Von: Peter Köster
Geschichte, Dokumente und zeitgenössische Kunst im Frauenmuseum Bonn